Wer hohe Gesundheitskosten hat, zahlt weniger Steuern

Jede zweite Arzneimittelpackung, die in Apotheken verkauft wird, ist laut Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) nicht rezeptpflichtig. Doch auch bei rezeptfreien Arzneien kann es sinnvoll sein, sich diese vom Arzt verordnen zu lassen, vor allem dann, wenn man insgesamt im Jahr viel Geld für seine Gesundheit ausgeben muss . So können sich die Aufwendungen zumindest teilweise steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung auswirken.

Schnell summieren sich übers Jahr die Ausgaben rund um die Gesundheit auf mehr als tausend Euro – sei es für die neue Brille, das nötige Hörgerät, den teuren Zahnersatz oder eine kostspielige Augen-OP. „Deshalb kann es sich lohnen, auch die Belege für kleinere Posten zu sammeln“, erläutert Erich Nöll, Rechtsanwalt und Geschäftsführer beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine e.V. (BVL) in Berlin. Dazu gehören Zuzahlungen und Eigenleistungen für Akupunktur, Osteopathie, Physiotherapie oder andere anerkannte Therapien. Entscheidend ist fürs Finanzamt, dass ein Arzt oder Heilpraktiker die Behandlungen verordnet hat.

Das gilt ebenso für Heil- und Hilfsmittel wie zum Beispiel Medikamente, Gehhilfen oder orthopädische Schuhe. Begünstigt sind zudem Rechnungen für ambulante oder stationäre ärztliche Behandlungen. „Selbst Fahrtkosten inklusive Parkgebühr zur Praxis, Klinik oder Apotheke können Patientinnen und Patienten geltend machen: pro Fahrkilometer mit dem Auto pauschal 30 Cent oder alternativ die Ticketkosten“, ergänzt Erich Nöll.

Für manche Heiltherapien ist größerer Aufwand nötig, um die Eigenleistungen absetzen zu können. Bei einer Kur braucht man vom Amtsarzt oder Medizinischen Dienst ein Attest, das vor Beginn der Behandlung ausgestellt wurde. Das gleiche gilt für Psychotherapien.


Gesundheitskosten übers Jahr sammeln und bündeln

Erst am Jahresende steht fest, wie viel Krankheitskosten sich als außergewöhnliche Belastungen steuerlich auswirken. Denn zunächst muss jeder je nach Familienstand und Einkommen gestaffelt einen gewissen Anteil als sogenannte zumutbare Belastung selbst tragen.

Beispiel: Kommt eine Familie mit zwei Kindern im Jahr auf einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 60.000 Euro, beträgt ihre zumutbare Belastung 1.735 Euro. Bezahlt die Familie im Jahr 2.500 Euro für Zahnersatz, Osteopathie und Medikamente aus eigener Tasche, mindern 765 Euro (2.500 Euro - 1.735 Euro) als außergewöhnliche Belastung ihr zu versteuerndes Einkommen. Dadurch zahlt die Familie in diesem Jahr 216 Euro weniger Steuern.


Vorsorge und Fitness-Studio bleiben außen vor

Ärgerlich ist, dass Ausgaben für Vorsorge oder Zahnprophylaxe steuerlich keinen Vorteil bringen, obwohl sie Krankheitskosten vermeiden helfen. Auch Beiträge für ein Fitnessstudio fallen durchs Raster, selbst wenn dort ein verordneter Reha-Kurs besucht wird. Das bestätigte kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH), weil mit dem Mitgliedsbeitrag neben dem Reha-Kurs auch Sauna, Schwimmbad und andere Fitnesskurse im Studio abgegolten waren (Az. VI R 1/23).

Offen ist weiterhin, ob verordnete Nahrungsergänzungsmittel außen vor bleiben dürfen. Der BFH muss in einem anhängigen Verfahren (Az. VI R 23/24) entscheiden, ob die Kosten bei einer Krebserkrankung anzuerkennen sind.

Und was ist mit den Ausgaben für eine Diätverpflegung? Die Eltern, deren Tochter an Zöliakie leidet, haben Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingelegt (Az. 2 BvR 1554/23). Der BFH hat wie zuvor das Finanzamt abgewunken. In dem Verfahren geht es erneut um die Frage, ob die zumutbare Belastung noch verfassungsgemäß ist. Bis zur Entscheidung kann jeder in ähnlicher Situation seinen Steuerbescheid offenhalten und auf die Musterverfahren verweisen.


Auf dem Kassenbeleg der Apotheke muss ab 2025 der Name stehen

Nach wie vor müssen Steuerpflichtige nur dann Belege einreichen, wenn das Finanzamt diese verlangt. Die richtigen Belege sollten sie aber parat haben: So muss seit Jahresanfang auf dem Kassenbeleg der Apotheke für ein E-Rezept zusätzlich zum Medikament auch Preis, Zuzahlungsbetrag, Art des Rezepts und insbesondere der Name des Patienten stehen (BMF-Schreiben, Az. IV C 3 - S 2284/20/10002 :005).

„Für die Steuererklärung 2024 gilt das aber noch nicht“, bestätigt Erich Nöll. „Da reicht – wie bisher – der einfache Kassenbeleg der Apotheke oder die Rechnung der Online-Apotheke.“

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BVL Die Meldungen stammen von BVL - Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine e.V.